Erdbeben sind Schwingungen bzw. Erschütterungen des Untergrundes bezeichnet. Sie treten plötzlich und unerwartet auf, da eine Vorhersage und Frühwarnung unmöglich sind.
Bei den meisten Erdbeben handelt es sich um sogenannte „tektonische Erdbeben“.
Sie ereignen sich entlang von Plattengrenzen, als Folge von Verschiebungen von Gesteinsblöcken, die sich gegeneinander bewegen.
Die dabei auftretenden Deformationskräfte führen zu Spannungen im Gestein.
Wird diese Spannung zu groß, kommt es zur plötzlichen Spannungsentladung, bei der die Gesteine ruckartig gegeneinander versetzt werden.
Die dadurch verursachten Bodenschwingungen spüren wir als Erdbeben.
In vulkanisch aktiven Gebieten kann es infolge von Magmenbewegungen ebenfalls zu Erdbeben kommen.
Dabei unterscheidet man zwischen „vulkanotektonischen Erdbeben“, also Beben,
die durch aufsteigendes Magma und dem damit einhergehenden Zerbrechen des umliegenden Gesteins im Untergrund erfolgen,
sowie „Hydrothermale Erdbeben“.
Ursache der hydrothermalen Erdbeben ist eine hohe geothermale Aktivität in Vulkangebieten.
Auslöser der Erdbeben sind in diesem Fall die Bewegungen von heißen Wässern im Untergrund.
Es handelt sich meist um schwache Beben, die jedoch auch schwarmartig auftreten können.
Das Epizentrum befindet sich in der Regel sehr nahe an der Oberfläche.
Induzierte Erdbeben sind weitere mögliche Ursache von Beben.
Sie sind durch eine hohe durch menschliche Aktivitäten bzw. Eingriffe in dem geologischen Untergrund verursacht.
Dabei kommt es zu einer Änderung der Spannung im Gestein, was die Bewegung von Gesteinen bzw. Gesteinsverband begünstigt,
oder zum Teil zum Anlegen neuer Spannungen führt. Charakteristisch ist die geringe Herdtiefe (meist unter 5 km).
Induzierte Erdbeben können entstehen, wenn sich zum Beispiel Aufgrund von der starken Nutzung des Thermalwasser
durch den Badebetriebe der Porendruck im Untergrund rasch ändert, etwa wenn Wasser in den Untergrund gepumpt wird oder beim Ausfall einer Pumpe.
Gehen Beben auf menschliches Tun zurück, reagiert die Öffentlichkeit verständlicherweise heftig.
Solche Beben werden oft als stark verspürt, weil sie sehr flach sind und sich in der Nähe urbaner Zentren ereignen.
Beispiel hydrothermal Erdbeben: Katla, Island (30.09.2016, Magnitude 3.6).
Weitere Beispiele für Induzierte Erdbeben, die auf Ischia nicht von Bedeutung sind,
sind: Bergbau, Erdgas- bzw. Erdöl-Förderung, Verpressen von Fluiden im Untergrund,
Fracking, Bau von Stausee, Geothermie, Explosionen in den Steinbrüchen bzw.
unterirdische Waffentests.
Durch Klimawandeln führen „Niederschlag-Erdbeben“ in einzelnen Gebieten zu Schwarmbeben von geringer Magnitude.
Beispiel: Bad Reichenhall (24.04.2012, Magnitude 3.2).
Zu erwähnen sind auch: Einsturzerdbeben bei natürlich vorkommenden Hohlräumen nahe der Erdoberfläche.
Frostbeben
, die durch plötzliches Gefrieren von Grundwasser Erschütterungen verursachen.
Die Ursachen dieser Erdbeben sind in der vulkanischen Entstehungsgeschichte der Insel zu suchen. Bei der Heraushebung der Insel vor ca. 33.000 Jahren zerbrach der Deckel der Magmakammer in einzelne Blöcke, die unterschiedlich stark gehoben wurden. An dessen Grenzen kam es als Folge zur Entstehung von Verwerfungen, einhergehend mit dem Verkanten der Gesteinsblöcke. Durch die Bewegungen des Magmas im Untergrund oder die geothermale Aktivität können die bis dahin aufgebaute Spannungen im Gestein ihr Maximum erreichen und bei Überschreiten zu einem Erdbeben führen (s. Abbildung).
Besonders auffällig ist die Lage der Epizentren auf der Insel. Sowohl die historischen, als auch die Erdbeben aus der jüngeren Vergangenheit wurden überwiegend in einem Streifen nördlich des Epomeo-Massivs in den Gemeinden Casamicciola Terme und Lacco Ameno lokalisiert (siehe Kapitel: Historische Erdbeben auf Ischia). Ein Blick auf die tektonische Struktur im Untergrund zeigt den Grund. Im Norden des Epomeo kam es bei der Hebung zu einem stärkeren Zerbrechen in einzelne Blöcke und damit zur Bildung zahlreicher Verwerfungen, an denen Spannungen im Gestein entstehen können.
Schematisches Modell des Untergrundes der Insel Ischia
1. Intensitätsskala
Mit Hilfe der Intensitätsskala werden die Art der Erschütterungswahrnehmung durch den Menschen und der Grad der Erdbebenschäden klassifiziert. Die erste Skala wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom italienischen Vulkanologen Giuseppe Mercalli eingeführt und nach ihm benannt. Er dokumentierte die Schäden nach einem Erdbeben und erstellte daraus eine Tabelle mit 10 Intensitätsstufen. Auf diese Weise konnte man das ungefähre Epizentrum bestimmen, da man davon ausgeht, dass die Schäden in der Nähe des Epizentrums am größten sind. Im Laufe der Zeit wurde diese Skala immer wieder überarbeitet und den neuesten Erkenntnissen angepasst.
Seit 1998 kommt in Europa die Europäische Makroseismische Skala (kurz: EMS-98) zum Einsatz, die in 12 Klassen unterteilt ist.
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der einzelnen Intensitätsklassen.
EMS Intensität | Definition der Intensität | Beschreibung der maximalen Wirkung (verkürzt) |
---|---|---|
I | nicht fühlbar | nicht fühlbar |
II | kaum bemerkbar | nur sehr vereinzelt von ruhenden Personen wahrgenomme |
III | schwach | von wenigen Personen im Gebäude wahrgenommen; ruhende Personen fühlen ein leichtes Schwingen oder Erschütterungen |
IV | deutlich | Im Freien vereinzelt, in Gebäuden von vielen wahrgenommen. Einige schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren. Türenklappern |
V | stark | Im Freien von wenigen, in Gebäuden von den meisten wahrgenommen. Viele Schlafende erwachsen. Wenige werden verängstigt. Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände pendeln stark, kleine Gegenstände werden verschoben. Türen und Fenster schlagen auf oder zu. |
VI | leichte Gebäudeschäden | Viele Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Einige Gegenstände fallen um. An vielen Häusern, v.a. im schlechterem Zustand, entstehen leichte Schäden, wie feine Mauerrisse und das Abfallen von kleinen Verputzteilen |
VII | Gebäudeschäden | Die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Möbel werden verschoben. Gegenstände fallen in großen Mengen aus Regalen. An vielen Häusern solider Bauart treten mäßige Schäden auf (kleine Mauerrisse, Abfall von Putz). Vornehmlich Gebäude in schlechtem Zustand zeigen größere Mauerrisse und Einsturz von Zwischenwänden. |
VIII | schwere Gebäudeschäden | Viele Personen verlieren das Gleichgewicht. An vielen Gebäuden einfacher Bausubstnaz treten schwere Schäden auf (Giebelteile und Dachgesimse stürzen ein). Einige Gebäude sehr einfacher Bauart stürzen ein. |
IX | zerstörend | Allgemeine Panik unter den betroffenen. Sogar gut gebaute gewöhnliche Bauten zeigen sehr schwere Schäden und teilweise Einsturz tragender Bauteile. Viele schwächere Bauten stürzen ein. |
X | sehr zerstörend | Viele gut gebaute Häuser werden zerstört oder erleiden schwere Beschädigungen. |
XI | verwüstend | Die meisten Bauwerke, selbst einige mit gutem erdbebengerechtem Konstruktionsentwurf und -ausführung werden zerstört. |
XII | ollständig verwüstend | nahezu alle Konstruktionen werden zerstört. |
2. Magnitudenskala
Die Magnitudenskala zeigt die gesamte beim Erdbeben freigesetzte seismische Schwingungsenergie an. Damit beruht sie ausschließlich auf die instrumentelle Registrierung der tatsächlich gemessenen Geschwindigkeit der Bodenschwingungen. Die Messung erfolgt mit Seismographen, die zum Teil Schwingungen von weniger als einmillionstel Milimeter aufzeichnen können. Die stärksten bisher gemessenen Erdbeben hatten eine Bodenverschiebung von über 10m zur Folge. Um diese Unterschiede übersichtlich darstellen zu können, werden die Erdbeben-Magnituden nach einer logarithmischen Skala angegeben. Das bedeutet, bei einem Erdbeben der Stärke 2 war die Geschwindigkeit der Bodenschwingungen zehnmal höher als bei einem Erdbeben der Stärke 1. Die freigesetzte Schwingungsenergie erhöht sich hingegen mit der Zunahme pro Magnitudeneinheit um das dreißigfache! Die bekannteste Magnitudenskala ist die vom US-amerikanischen Seismologen Prof. Richter 1935 eingeführte Richterskala. Sie hat jedoch den Nachteil, dass sie nur für Seismographen gültig ist, die weniger als 1.000 km vom Epizentrum entfernt sind. Außerdem können mit dieser Skala Erdbeben mit einer Magnitude von über 6,5 nur noch sehr ungenau dargestellt werden, da sich die Amplituden im oberen Bereich nur noch wenig erhöhen, wenn mehr Energie freigesetzt wird.
Um dieses, als Sättigungsproblem bezeichnete Eigenschaft zu umgehen, wurde 1977 die Momenten-Magnituden-Skala (Mw) eingeführt. Sie basiert auf dem so genannten Seismischen Moment (Mo), einem Skalarprodukt, in der die Größe der Bruchfläche im Untergrund, die mittlere Verschiebung der Gesteinsblöcke und das Schermodul des Gesteins einfließen. Entsprechend dieser Formel ist die Moment-Magnituden-Skala nach oben begrenzt. Sie endet bei 10,6 da bei dieser Magnitude die feste Erdkruste komplett zerbrechen würde.
Magnitude (nach Richter) | Einteilung der Erdbebenstärke | Erdbebenauswirkungen |
---|---|---|
< 2,0 | mikro | nicht spürbar |
2,0 bis < 3,0 | extrem leicht | generell nicht spürbar, jedoch gemessen |
3,0 bis < 4,0 | sehr leicht | oft spürbar, aber selten Schäden |
4,0 bis < 5,0 | leicht | sichtbaren Bewegen von Zimmergegenstänen, Erschütterungsgeräusche; meist kleine Schäden |
5,0 bis < 6,0 | mittel | bei anfälligen Gebäuden ernste Schäden, bei robusten Gebäuden leichte oder keine Schäden |
6,0 bis < 7,0 | stark | Zerstörung im Umkreis von bis zu 70 km |
7,0 bis < 8,0 | groß | Zerstörung über weite Gebiete |
8,0 bis < 9,0 | sehr groß | Zerstörung in Bereichen von einigen 100 km |
9,0 bis < 10,0 | extrem groß | Zerstörung in Bereichen von 1.000 km |
10,0 und höher | globale Katastrophe | niemals registriert |
Wie die Ereignisse auf Ischia zeigen, können auch Erdbeben mit einer geringen Magnitude große Schäden anrichten. Die Intensität eines Erdbebens ist nämlich nicht nur von der Magnitude abhängig, sondern auch von der Erdbebentiefe, der Bauweise und der Siedlungsdichte. So gilt im Allgemeinen, dass bei flachen Erdbeben (bis 70 km Tiefe) eine höhere Intensität zu erwarten ist, als bei tiefen Erdbeben (in 300-700 km Tiefe).
Jahr | Magnitude (Mw) | Intensität |
---|---|---|
1275 | 4,01 | VII - IX |
1557 | 3,5 | VI - VII |
1762 | 3,5 | VI - VII |
1767 | 3,5 | VI - VII |
1796 | 3,88 | VIII |
1828 | 4,01 | IX |
1841 | 3,25 | VI |
1863 | 2,87 | V |
1867 | 2,99 | V - VI |
1881 | 4,14 | IX |
1883 | 4,26 | X |
1980 | 4,37* | V |
1980 | 4,0 | VIII |
Die 12 stärksten Erdbeben von 1000 - 2014*Diese Angabe ist sehr unsicher. Das Vesuv-Observatorium hat das Erdbeben 20 km südlich von Ischia lokalisiert mit einer Magnitude von 3,1. Es hat keine Schäden verursacht.
Am 28.07.1883 kam es zum bisher verheerendsten nachgewiesenen Erdbeben auf Ischia. Das Erdbeben der Stärke Mw= 4,26 kostete 2.333 Menschen das Leben. Die an der stärksten betroffenen Gemeinde war Casamicciola Terme. Insbesondere in den höher gelegenen Ortsteilen waren die Auswirkungen enorm. Insgesamt 80% aller Häuser in Casamicciola Terme wurden zerstört. Auch in Lacco Ameno (70% zerstörte Häuser) und Forio (50% zerstörte Häuser) wurden starke Schäden registriert. Aufgrund der Erdbebenschäden wird die Intensität mit X angegeben. Bereits am Folgetag kamen 1.200 Soldaten auf die Insel, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Für die obdachlos gewordenen Einwohner wurden bis Ende September 800 Holzbaracken gebaut. Bereits einige Tage vor dem Ereignis konnten in der Natur einige Phänomene beobachtet werden, die man damals jedoch nicht deuten konnte. So wurden in den Tagen vor dem Erdbeben zum Beispiel erhöhte Wassertemperaturen bei einigen Thermalwasserquellen festgestellt. Außerdem erhöhte sich die Aktivität einzelner Fumarolen, während sie bei anderen plötzlich aufhörte.
Epizentren der Erdbeben auf Ischia von 1000 – 1999 aus dem Katalog CPTI15
Die Auswertungen dieser Daten zeigen, dass der Großteil der Erdbeben eine Magnitude zwischen 0,5 und 1,5 aufweisen und nur hin und wieder eine Magnitude bis 2,5 erreicht wurde. In wenigen Ausnahmen wurden auch stärkere Erdbeben registriert. Mit einer maximalen Magnitude von 4,0 sind sie dennoch als leichte Erdbeben einzuordnen. Der Erdbebenherd lag dabei in der Regel zwischen 1-2 km Tiefe.
Das letzte größere Erdbeben auf Ischia mit der Stärke 4,0 (Mw) ereignete sich am 21.08.2017 um 20:57 Uhr. Das Epizentrum befand sich nördlich des Epomeo im höher gelegenen Teil von Casamicciola Terme in einer Tiefe von 1,73 km. Die stärksten Auswirkungen waren vor allem die Ortsteile La Rita und Maio, sowie Fango in der Gemeinde Lacco Ameno zu verzeichnen. Durch das Erdbeben wurden viele Gebäude zum Teil so stark beschädigt, dass sie nun unbewohnbar sind. Sieben Häuser stürzten sogar ein, einige Mauern fielen um. Zwei Frauen wurden von herabfallenden Trümmern erschlagen, 42 Menschen verletzt, hunderte verloren an diesem Abend ihr Zuhause.
Epizentren der Erdbeben im Zeitraum von 1999-2017. Großer roter Punkt: Erdbeben vom 21.08.2017
Das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) in Rom stufte dieses Erdbeben wegen der entstandenen Schäden mit einer maximalen Intensität von VIII (EMS-98) ein (INGV Gruppo QUEST, 2017).
Der Grund für die enormen Auswirkungen dieses Erdbebens liegt nicht alleine in dem sehr flach gelegenen Erdbebenherd. Eine große Rolle spielte die Bauweise und die Lage der Gebäude. So wurden viele Gebäude - oft ohne die nötige Baugenehmigung - oberhalb von Verwerfungslinien und ohne Beachtung der Bauvorschriften gebaut. In anderen Fällen waren die Häuser seit längerer Zeit unbewohnt und wiesen schon vor dem Erdbeben bautechnische Schäden auf. Einige Gebäude wurden nach dem Erdbeben von 1883 auf den zerstörten Grundmauern der früheren Häuser errichtet, ohne das nötige Fundament; oder die Häuser wurden nur als Provisorium nach dem Erdbeben von 1883 errichtet und hätten eigentlich abgerissen werden müssen.
INGV (2017): Rapporto di sintesi preliminare sul Terremoto dell’isola di Ischia (Casamicciola) M4.0 del 21 agosto 2017, 105 Seiten